Wohnungsvermieter, die eine Photovoltaikanlage installiert haben und den so produzierten Strom an ihre Mieter liefern, können für die Anschaffung der Photovoltaikanlage den Vorsteuerabzug erreichen - so lautet ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs. Praktische Bedeutung kommt dem allerdings nur für Anlagen zu, die bis Ende 2022 installiert worden sind, denn seit dem 1. Januar 2023 gilt für die Lieferung der Anlagen prinzipiell ein so genannter Nullsteuersatz, so dass ohnehin keine Vorsteuer entsteht (BFH-Urteil vom 17.7.2024, XI R 8/21).
Der Sachverhalt: Der Kläger vermietet umsatzsteuerfrei ein Mehrfamilien- und ein Doppelhaus. Er hat auf beiden Objekten in 2018 jeweils eine Photovoltaikanlage einschließlich eines Batteriespeichers installieren lassen. Der erzeugte Strom fließt direkt über den Batteriespeicher an die Mieter. Der überschüssige Strom wird an die N-GmbH geliefert. Der gegebenenfalls von den Mietern benötigte Reststrom wird im Namen und im Auftrag des Klägers von Fremdunternehmen bezogen und mit einem Gewinnaufschlag an die Mieter abgegeben. Der Kläger rechnet mit den Mietern jährlich über einen Gemeinschaftszähler im jeweiligen Haus und entsprechende Unterzähler nach der individuellen Verbrauchsmenge ab. Hierüber hat er mit den Mietern eine "Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag über Stromversorgung“ geschlossen. Danach erfolgt die Versorgung der Mieter mit Strom über die installierte Photovoltaikanlage. Der Stromlieferungsvertrag kann mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende gekündigt werden. In 2018 machte der Kläger Vorsteuerbeträge aus der Anschaffung der Photovoltaikanlagen geltend. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug jedoch. Zur Begründung verwies es darauf, dass es sich bei der Stromlieferung seitens des Klägers an die Mieter um eine Nebenleistung zur steuerfreien Hauptleistung (Vermietung) handele. Nach Auffassung des Klägers hingegen stellen die Stromerzeugung und Lieferung an die Mieter einerseits und die Vermietungsleistung andererseits zwei getrennte selbstständige Leistungen dar. Der BFH stimmt der Auffassung des Klägers zu.
Nebenleistungen zur Hauptleistung teilen deren Schicksal. Das heißt, dass eine Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Vermietung von Wohnraum ebenfalls umsatzsteuerfrei ist und damit der Vorsteuerabzug für Eingangsleistungen ausscheidet. Für den Fall, dass der Mieter über die Möglichkeit verfügt, die Lieferanten und/oder die Nutzungsmodalitäten von Gegenständen oder Dienstleistungen auszuwählen, können die entsprechenden Leistungen aber als von der Vermietung getrennt angesehen werden. Mieter sind bei der Wahl ihrer Stromlieferanten frei. Dies ergibt sich bereits aus gesetzlichen Vorschriften. § 42a Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) bestimmt ausdrücklich ein Kopplungsverbot von Miet- und Energieversorgungsvertrag. Ausgehend davon ist die Zurverfügungstellung von Elektrizität, über deren Verbrauch der Mieter entscheiden kann und die durch die Anbringung von individuellen Zählern kontrolliert und in Abhängigkeit des Verbrauchs abgerechnet werden, grundsätzlich als von der Vermietung getrennt anzusehen. Die Eingangsleistungen aus der Anschaffung der Photovoltaikanlagen hängen daher nicht mit umsatzsteuerfreien Vermietungsumsätzen zusammen, so dass der Vorsteuerabzug zulässig ist.
Anders ist die Rechtslage bei der "Lieferung von Wärme". Hier hat der BFH entschieden, dass Vermieter von Wohnraum den Vorsteuerabzug für eine Heizungsanlage nicht erreichen können. Der Einbau oder die Erneuerung einer Heizungsanlage steht im Zusammenhang mit der umsatzsteuerfreien Vermietung - und dieser Zusammenhang kann nicht gelöst werden, denn die Versorgung mit Wärme wird zum vertragsgemäßen Gebrauch "geschuldet" (BFH-Urteil vom 7.12.2023, V R 15/21).
Die Finanzverwaltung ist laut Abschn. 4.12.1. Abs. 5 Satz 3 UStAE bislang der Ansicht, dass auch die Lieferung von Strom durch den Vermieter in der Regel als Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Wohnraumvermietung anzusehen ist. Vermieter können sich weiterhin auf den UStAE berufen und in der Stromlieferung eine reine Nebenleistung sehen, wenn sie die Steuerfreiheit ihrer entsprechenden Leistungen begehren. Wenn sie aber einen Vorsteuerabzug aus den Kosten für die Anschaffung und Installation ihrer Photovoltaikanlage geltend machen wollen, können sie sich auf das Besprechungsurteil berufen. Allerdings ist zu beachten, dass dadurch die steuerpflichtigen Stromlieferungen an die Mieter dauerhaft oder zumindest langfristig umsatzsteuerpflichtig werden. Zudem gilt das Gesagte grundsätzlich nur für Fälle mit Anschaffungen der Anlagen vor 2023, da seitdem gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG regelmäßig ein Nullsteuersatz für die Lieferungen von entsprechenden Photovoltaikanlagen gilt. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass ein Vermieter, der Strom an seine Mieter liefert, möglicherweise zum Wiederverkäufer von Strom werden kann. Die damit einhergehenden steuerlichen Pflichten können erheblich sein, so dass nach Möglichkeit die Reaktion der Finanzverwaltung auf das aktuelle BFH-Urteil abgewartet werden sollte.