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Wachstumschancengesetz: Die wichtigsten Neuerungen

Das geplante Wachstumschancengesetz enthält eine Vielzahl von neuen Regelungen, deren Hauptzweck es ist, Unternehmen zu entlasten. Zum Zeitpunkt der Erstellung  dieser Mandanten-Information Anfang Oktober besitzt das Wachstumschancengesetz den Status eines Regierungsentwurfs. Das Gesetzgebungsverfahren wird voraussichtlich gegen Ende des Jahres abgeschlossen sein. Die wichtigsten Punkte des fast 300-seitigen Gesetzesentwurfs haben wir nachfolgend zusammengefasst. Die meisten Regelungen gelten hierbei für Wirtschaftszeiträume nach dem 31.12.2023.

Neue Grenzen für geringwertige Wirtschaftsgüter

Derzeit können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sog. geringwertiger Wirtschaftsgüter (GWG) sofort vollständig abgezogen werden, wenn sie nicht mehr als 800 € (ohne Umsatzsteuer) betragen. Voraussetzung ist, dass es sich um bewegliche, selbständig nutzbare und abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens handelt. Geplant ist, dass diese Grenze auf 1.000 € pro Wirtschaftsgut angehoben wird.

Auch die Regelungen zum sog. Sammelposten für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens sollen angepasst werden. In den Sammelposten können Wirtschaftsgüter eingestellt werden, deren Anschaffungsoder  Herstellungskosten  250  €  bis  1.000  €  betragen. Bisher können diese dann einheitlich über fünf Jahre abgeschrieben werden, auf die konkrete Nutzungsdauer des einzelnen Wirtschaftsguts kommt es dabei nicht an. Hier soll der Höchstbetrag von 1.000 € auf 5.000 € angehoben und die Auflösungsdauer von fünf Jahren auf drei Jahre verringert werden.

Erhöhung der Sonderabschreibung

Nach § 7g Abs. 5 EStG gibt es bisher für Betriebe, welche die Gewinngrenze von 200.000 € nicht überschreiten, die Möglichkeit, bewegliche Wirtschaftsgüter im Jahr der Anschaffung und in den folgenden vier Jahren um bis zu 20 % der Investitionskosten abzuschreiben. Diese  Möglichkeit besteht neben der regulären Abschreibung. Hier soll nun die Sonderabschreibung auf bis zu 50 % der Investitionskosten erhöht werden.

Befristete Einführung einer degressiven Abschreibung

Im Regelfall sind Wirtschaftsgüter über ihre Nutzungsdauer hinweg mit gleichbleibenden Jahresbeträgen linear abzuschreiben. Für bewegliche Wirtschaftsgüter soll nun eine degressive Abschreibung möglich werden. Diese soll bis zu 25 % der Anschaffungskosten, höchstens das 2,5-Fache der linearen Abschreibung betragen. Die Abschreibungsbeträge sind hierbei am Anfang recht hoch, in späteren Jahren sinken sie. Dadurch kann Abschreibungspotenzial früher steuerlich realisiert werden. Anwendung soll  die  neue  Regelung  auf  bewegliche  Wirtschaftsgüter finden, die nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.01.2025 angeschafft oder hergestellt wurden.

Privatnutzung von betrieblichen Elektro-Pkw

Bei einem betrieblichen Pkw muss der private Nutzungsanteil versteuert werden. Eine wichtige Maßzahl für dessen Berechnung ist der Preis des Fahrzeugs. Anders als beim Verbrenner kann bei einem ausschließlich elektrisch betriebenen Fahrzeug als Firmenwagen die Bemessungsgrundlage für den steuerpflichtigen geldwerten Vorteil auf ein Viertel des Bruttolistenpreises reduziert werden. Bisher galt allerdings die Voraussetzung, dass der Bruttolistenpreis des E-Autos nicht mehr als 60.000 € betrug. Diese Grenze soll nun im Rahmen des Gesetzes auf 80.000 € angehoben werden. Wenn der Bruttolistenpreis des Fahrzeugs auch diese Grenze überschreitet, so müssen immerhin nur 50 % des „normalen“ steuerpflichtigen Nutzungsvorteils angesetzt werden.

Erleichterungen bei der Umsatzsteuervoranmeldung

Unternehmer sollen von der Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen befreit werden, wenn die Umsatzsteuerschuld für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 2.000 € beträgt. Bisher galt hier eine Grenze von 1.000 €. Außerdem sollen Kleinunternehmer künftig grundsätzlich von der Übermittlung von Umsatzsteuerjahreserklärungen befreit werden. Dies soll insbesondere aber dann nicht gelten, wenn Umsätze im Rahmen der Umkehr der Steuerschuldnerschaft ausgeführt werden.

Ausweitung der Option zur Körperschaftbesteuerung

Bisher haben nur Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften die Möglichkeit, zu der ggf. günstigeren Besteuerung als Körperschaft mit Körperschaftsteuer zu optieren. Nach den geplanten Regelungen sollen nun auch alle anderen Formen von Personengesellschaften die Möglichkeit zur Option haben. Dies gilt insbesondere für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).

Erweiterungen beim Verlustvortrag

Nach bisherigem Recht ist eine Verrechnung von laufenden  Gewinnen  mit  bestehenden  Verlustvorträgen  in  der Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie der Gewerbesteuer nur bis zu einem Sockelbetrag von 1 Mio. € und dann nur noch in Höhe von 60 % des 1 Mio. € übersteigenden Gewinnbetrags möglich (sog. Mindestbesteuerung). Dies bedeutet also: Egal über wie hohe Verlustvorträge aus den Vorjahren ein Unternehmen verfügt - bei laufenden Gewinnen von mehr als 1 Mio. € in einem Jahr verbleibt immer eine Steuerbelastung. Bei zusammenveranlagten Ehegatten (im Bereich der Einkommensteuer) beträgt der Sockelbetrag 2 Mio. €.

Die Prozentgrenze von derzeit 60 % soll nun befristet von 2024 bis 2027 auf 80 % angehoben werden. Die Regelung soll entsprechend auch für die Verrechnung von gewerbesteuerlichen Verlusten gelten.  

Obligatorische Verwendung von E-Rechnungen

Ab 2025 soll die Verpflichtung zur E-Rechnung im Rechnungsverkehr zwischen Unternehmern (sog.  Business-to-Business-Bereich oder B2B) eingeführt werden. Ausschließlich Rechnungen, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen werden und die elektronisch verarbeitet werden  können, sollen als elektronische Rechnungen gelten. Diese Art der Rechnung ist dann grundsätzlich die einzig zulässige Form der Rechnung im Sinne der Umsatzsteuer.

Hierzu ist es erforderlich, dass die Rechnung in einem bestimmten elektronischen Format ausgestellt wird. Eine Rechnung in Form eines einfachen PDF, das per E-Mail verschickt wird, gilt dann beispielsweise nicht mehr als elektronische Rechnung. Wird das elektronische Format nicht verwendet, kann das insbesondere negative Auswirkungen auf die Umsatzsteuer haben. Der gesetzliche Vorrang der Papierrechnung soll in diesem Zusammenhang gestrichen werden.  

Es soll aber auch Ausnahmen geben: Kleinbetragsrechnungen und Rechnungen an Verbraucher („B2C“) sowie Fahrausweise können auch weiterhin im Papierformat ausgegeben werden.

Für zwischen dem 01.01.2025 und dem 31.12.2025 im B2B-Bereich ausgeführte Umsätze soll statt einer elektronischen nach den neuen Vorgaben auch eine sonstige Rechnung in Papierform oder in einem anderen elektronischen Format möglich sein. Voraussetzung ist hier aber, dass der Empfänger zustimmt. Für Unternehmer, deren Gesamtumsatz  im  vorangegangenen  Kalenderjahr  nicht mehr als 800.000 € betragen hat, soll eine Papierrechnung auch noch bis zum 31.12.2026 möglich sein.

Für zwischen dem 01.01.2026 und dem 31.12.2027 ausgeführte Umsätze im B2B-Bereich sollen neben einer elektronischen Rechnung im neuen Format auch sonstige Rechnungen in einem anderen elektronischen Format ausgestellt werden können, wenn diese mittels EDI-Verfahren übermittelt werden. Auch hier ist die Zustimmung des Empfängers erforderlich.


DSG-Logo schrägHinweis: Mit dem neuen elektronischen Rechnungsformat werden die ersten Voraussetzungen für ein Meldesystem von elektronischen Rechnungen an die Finanzämter geschaffen. Hierdurch kann dann eine Prüfung der Rechnungen in Echtzeit erfolgen und Umsatzsteuerbetrug effektiver bekämpft werden. Wann genau dieses System eingeführt werden soll, ist derzeit noch unklar. Bleibt es bei dem jetzigen Zeitplan, so wird für Unternehmen das Jahr 2024 unter dem Vorzeichen der Vorbereitung auf die neuen Rechnungsstandards ab 2025 stehen. Perspektivisch werden wohl umfassende Anpassungen in der Unternehmenssoftware (z.B. bei ERP-Systemen) erforderlich werden.


Einführung einer neuen Zinshöhenschranke

Durch  die  Einführung  einer  neuen  Zinshöhenschranke droht eine Verschärfung bei Darlehensbeziehungen zwischen international verbundenen Unternehmen. Ein Beispiel wäre etwa eine deutsche Tochtergesellschaft, die von einer ausländischen Muttergesellschaft ein konzerninternes Darlehen erhält. Diese Zinsaufwendungen sollen grundsätzlich nicht abziehbar sein, soweit sie auf einem über dem Höchstsatz liegenden Zinssatz beruhen. Höchstsatz ist der um zwei Prozentpunkte erhöhte Basiszinssatz  nach § 247 BGB.

Es gibt aber auch die Möglichkeit nachzuweisen, dass auch ein fremder Dritter das Darlehen nur zu einem entsprechend höheren Zinssatz ausgegeben hätte. Außerdem soll die Regelung nicht gelten, wenn der Darlehensgeber im Ausland über einen eingerichteten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verfügt. Die Zinshöhenschranke soll erst nach Ablauf eines Monats nach dem Zeitpunkt der Anpassung des Basiszinssatzes greifen.  

Meldepflicht für nationale Steuergestaltungen

Bereits jetzt besteht eine Meldepflicht für internationale Steuergestaltungen. Die Meldepflicht für rein nationale steuerliche Gestaltungen zieht sich schon seit Jahren durch die Gesetzesentwürfe, wurde aber bisher noch nicht realisiert.

Nun soll ein neuer Anlauf gestartet werden. Der Entwurf ist hier sinngemäß eng an die bereits bestehende Mitteilungspflicht für internationale Gestaltungen angelehnt. Die Pflicht trifft den Verwender der Steuergestaltung sowie auch sog. Intermediäre, welche die Gestaltung als Konzept anbieten (z.B. Rechtsanwälte, Steuerberater, Banken).  

Ob ein Sachverhalt, der einen Steuervorteil verschafft, meldepflichtig ist, richtet sich nach einem Katalog von abstrakten Kennzeichen. Durch die Mitteilungspflicht werden legale nationale Gestaltungen nicht verboten, die Finanzverwaltung will aber einen Überblick erhalten, welche Modelle der Gestaltung angewendet werden.

Auch für Betriebsprüfungen sind diese Informationen aus Sicht der Finanzverwaltung hilfreich, da dann zielgenau die Ordnungsmäßigkeit des jeweiligen Gestaltungsmodells geprüft werden kann.  Personen  oder  Gesellschaften mit einem verstetigten Einkommen von weniger als 2 Mio. € pro Jahr sowie Unternehmen mit steuerbaren Umsätzen von weniger als 50 Mio. € pro Jahr sollen keiner Meldepflicht unterliegen.


DSG-Logo schrägHinweis: Der genaue Anwendungszeitpunkt der Regelungen wird noch vom Bundesfinanzministerium festgelegt. Es dürfte aber davon auszugehen sein, dass dies nicht vor 2025 sein wird, da auch die Finanzverwaltung die entsprechenden Voraussetzungen bei ihrer IT schaffen muss


Anhebung der Grenze für Geschenke an Geschäftsfreunde

Bisher galt für Geschenke an Geschäftsfreunde bzw. generell Personen, die nicht Arbeitnehmer des Unternehmers sind, eine Freigrenze pro Empfänger von 35 € im Jahr. Die Grenze soll nun auf 50 € angehoben werden. Wird sie überschritten, ist der gesamte Geschenkeaufwand für den entsprechenden Empfänger im betreffenden Jahr nicht abzugsfähig.  

Neue Pauschalen beim Verpflegungsmehraufwand

Die Verpflegungsmehraufwendungen, die als Betriebsausgaben bei Unternehmern oder als Werbungskosten bei Arbeitnehmern geltend gemacht werden können, sollen angehoben werden. Für jeden Kalendertag, an dem eine Abwesenheit von 24 Stunden von Wohnung und erster Tätigkeitsstätte besteht, soll eine Anhebung von bisher 28 € auf 30 € erfolgen. Bei einer Abwesenheit von mehr als acht Stunden von Wohnung und erster Tätigkeitsstätte soll es eine Anhebung von bisher 14 € auf 15 € geben.

Höherer Freibetrag für Betriebsveranstaltungen

Bisher galt für Zuwendungen an Arbeitnehmer anlässlich von  Betriebsveranstaltungen (z.B. kostenlose Bewirtung, Unterhaltungsprogramm) ein Freibetrag bei der Lohnsteuer und Sozialversicherung von 110 € pro Veranstaltung bei höchstens zwei Veranstaltungen im Jahr. Der Freibetrag soll nun auf 150 € pro Veranstaltung angehoben werden.

 

27.11.2023